Het volgende verhaaltje was een opdracht voor het vak “schriftelijk taalgebruik”, gegeven door mijn litratuurdocent dr. J.W. Onderdelinden. De opdracht was: schrijf een verhaal bij de volgende foto. De originele foto heb ik niet meer, maar de onderstaande past ook zeer goed.
Die folgende Geschichte war 2002 eine Aufgabe im Rahmen des Faches “schriftelijk taalgebruik”, das sich darum kümmerte, ein besseres Deutsch zu schreiben. Die Aufgabe war: Schreiben Sie einen Kommentar zum folgenden Bild. Das ursprüngliche Bild habe ich verloren, dennoch passt das folgende auch genau.
Dank Herrn Dr. J.W. Onderdelinden.
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Die Ostseeküste, eine mörderische Kurzgeschichte
Als ich Juni 1928 an der Ostseeküste war, wusste ich noch nicht, dass die Frau vorne im Bild meine Freundin werden würde.
Sie hieß Angela Riefenkohle und setzte sich zu uns, gleich unmittelbar nachdem Horst, der Freund, mit dem ich in den Urlaub gefahren war, das Foto gemacht hatte. „Dürfte ich mich zu Ihnen setzen? Wir essen schon eine ganze Woche an getrennten Tischen… Es hat doch keinen Sinn, das Formale hochzuhalten, wo es doch keine anderen Gäste gibt als Sie und Ihren Freund. Wie ist Ihr Name?“
Und so einfach, so unkonventionell, so charmant kam sie in mein Leben. Als die zweite Woche fast vorbei war, stand mein Beschluss fest: Horst geht und Angela bleibt. Sie hatte mich verführt. Sie hatte mich gefangen. Sie war fester Bestandteil meines Lebens geworden. Nicht nur wegen ihrem Charme, Schönheit, geistreicher Person, sondern auch durch ihr scheinbar klaren Verstand. Sie hörte mir amüsiert zu, als ich erzählte über meine Professur an der Humboldt, gab sogar interessiert Kommentar zu meinen archäologischen Forschungen, gab jedenfalls den Eindruck, sie verstehe etwas von dem, was ich erzählte.
Da war sie noch das liebenswürdige „Angelichen“, noch nicht die Schrecken erregende Rachekönigin Nofretete, die in einer Mozartoper gehört. Doch das später. Die Woche verlief stürmisch: Wie Adoleszenten haben wir uns geliebt, ohne Verantwortung. Wenn ich mir Vorwürfe machen sollte, ist das der größte Vorwurf: Die Verantwortungslosigkeit. Innerhalb eines Monats siedelte sie um nach Berlin. Sie hat mein Leben neugeordnet, neuerschaffen, hat alles neuregeln wollen. Innerhalb zweier Monate habe ich sogar nicht mehr meine eigene Wohnung erkannt!
Das Abonnement auf die Staatsoper war verschwunden und wir gingen nur noch in sumpfige Kneipen. Zuvor gab es Ruhe in meinem Appartement, doch nun schrien mir hellfarbige Möbel zu: Sei geil, wirf deine Bücher weg, genieße das Moment! Das alles geht noch, wenn man verliebt ist. Nach drei Monaten war ich nicht mehr verliebt, doch mein „Angelichen“ schwanger! Nein, das gibt’s nicht. Ich habe es nicht wahrhaben wollen: meine ganze Karriere im Eimer. Meine Vorlesungen…
Ich habe mich nicht länger konzentrieren können. Und das nur wegen einer so lieben, charmanten Begegnung an der Ostseeküste. Ich bringe sie um! Aber aktive Tötungen, das ist nicht so mein Bier: Ich bin Doktor in der Archäologie.
Es stellte sich heraus, dass ihre Schönheit auch rein künstlich war: In mitternächtlichen Stunden war sie jung und reizend, morgens aber zeigte sich ihr wahres ungeschminktes Gesicht. Hatte ich schon die Rachekönigin erwähnt? Ich habe sie angefleht: Trink nicht so viel, du bist ja schwanger. Sollten wir nicht meinen Eltern einen Besuch abstatten? Sie hat mich nur angegafft, als höre sie mich nicht, als verneine sie meine Worte, als wären wir noch immer im Urlaub an der Ostseeküste ohne Verantwortung. Ich habe sie begleiten wollen, mit Sorgfalt, mit Liebe, mit Zwang… Gott weiß, ich hab’s versucht, doch sie hörte nicht auf mich.
Ich kann mich noch an einen Song von Glenn Miller im Radio erinnern: „You’re careless, now that you’ve got me loving you; you break appointments and think you’re smart; if you’re not careful, you’ll break my heart.“ Sie hatte mittlerweile nicht nur mein Herz, sondern mein ganzes Leben gebrochen und ich machte den Vorschlag, aufs Neue an die Ostseeküste zu reisen, damit wir alles wieder im Griff bekommen könnten. Im Griff! Angelichen hatte nur Gläser Sekt im Griff und massenweise Schlaftabletten. Eines Abends saßen wir in der selben Stube als im Juni; Angela reagierte neidisch, als ich von der Entwöhnungsklinik gesprochen hatte und bestellte sich noch eine Flasche Sekt. Ich sagte nur: „Bin gleich wieder da, hole mir Zigaretten.“
Jetzt habe ich wieder ein Abonnement auf die Staatsoper. Es läuft grade die Zauberflöte. Das Appartement ist wieder ruhig. Meine Vorlesungen haben sich wieder gebessert. Die Schwangerschaft war auch nur vorgetäuscht, zeigte die Autopsie hinterher. Na, das war es ja, was die Liebe für Angela betrifft.
Ach, kommen Sie mal in meine Vorlesungen! Kennen Sie diesen merkwürdigen Gebrauch von Giften in der Antike?